Es kann doch nicht so schwer sein, einen leckeren Salat zu zaubern… das glauben Sie!
Doch viele sind bereits gescheitert. Hier ein Rezept zum Erfolg.
Vom interkulturellen Obstsalat: Pfirsich- und Kokosnuss-Kulturen
Als zwei der wirtschaftsstärksten Länder sind Vereinigten Staaten und Deutschland auf funktionierende Geschäftsbeziehungen angewiesen. Als wichtigster Handelspartner und größer Exportabnehmer bezieht die USA laut Auswärtigem Amt eine besondere Stellung im deutschen Handel. Die Deutsche Industrie- und Handelskammer konnte im Jahr 2015 einen Zuwachs des deutschen Exports in den USA verzeichnen, die auch auf Platz 4 deutscher Importlieferanten lagen.
Doch laut einer Studie erzielen deutsche Unternehmen nur 9% ihres weltweiten Umsatzes in den Vereinigten Staaten. Wie kann das sein?! Deals fallen immer wieder ins Wasser, Kooperationen scheitern und Projekte werden nie zu Ende gebracht. Das Resultat ist Frust, verschwendete Zeit, Energie und vor allem: verhärtete Fronten! „Warum sind diese Amis nur so faul?“ „Mr. Johnson hat schon wieder die Deadline nicht eingehalten, interessiert ihn unser Projekt überhaupt noch?“, „Why do those Germans always have to be so stiff?“
Der deutsch-amerikanische Psychologe Kurt Lewin hat sich genau diesem Phänomen gewidmet und eine simple Erklärung gefunden: Die Welt ist wie ein interkultureller Obstsalat! Wir Deutschen sind die Kokosnüsse, Amerikaner kommen Pfirsichen gleich. Wirft man die Zutaten für den interkulturellen Salat einfach so und ohne weiteres in eine Schüssel, ohne vorher einen Blick in das Rezeptbuch geworfen zu haben, kann er schnell zum Misserfolg werden.
Wir erklären, auf welche Art und Weise unterschiedliche Kulturen Persönliches über sich preisgeben und helfen Ihnen, sich auf den nächsten Kontakt mit internationalen Partnern (Handelspartnern oder Freunden) einzustellen.
Ein großartiges Beispiel bietet das Scheitern des amerikanischen Konzerns ‚Walmart‘. Nach großem Erfolg in den Staaten stießen die Unternehmenschefs in Deutschland schnell auf Granit und machten damit Millionenverluste. Sie hatten sich vor der Expansion nach Deutschland nicht über die kulturellen Unterschiede zwischen den USA und Deutschland informiert, was den Auf- und Ausbau des Auslandsgeschäftes stark erschwerte. Die Kommunikation stellte sich als problematisch heraus und führte zu Fehlinterpretationen, die mit interkultureller Kompetenz einfach hätten vorgebeugt werden könnten. Ohne ein Verständnis für fremde Kulturen sind Missverständnisse und Unstimmigkeiten vorprogrammiert. Das Bilden von Beziehungen aber auch das Verteilen und Empfangen von Kritik unterscheidet sich zwischen Deutschen und Amerikanern sehr stark, da sie nach unterschiedlichen Verhaltens- und Kulturstandards handeln. Die Zutatenliste: Kokosnüsse und Pfirsiche
Kokosnüsse und Pfirsiche unterscheiden sich vor allem in ihrem Kern und ihrer Schale: Kokosnüsse haben eine harte Schale und einen weichen Kern, Pfirsiche eine weiche Schale und einen harten Kern. Die Schale der Kokosnuss muss zuerst geknackt werden, die Schale eines Pfirsichs dagegen gibt sehr schnell nach. Erst später, wenn man am Kern angelangt ist, muss man sich der Herausforderung stellen, auch diesen zu knacken.
Bevorzugt wachsen unsere interkulturellen Kokosnüsse in Deutschland, Frankreich und Russland, die Pfirsiche sind in Amerika, Spanien und Lateinamerika zu finden.
Schritt 1: Das Obst schneiden
Kokosnüsse und Pfirsiche bieten unterschiedliche Herausforderungen beim Schneiden, da Schale und Kern verschieden aufgebaut sind. Der Kern entspricht dabei dem privaten Bereich, während die Schale die öffentliche Sphäre darstellt. Auf internationale Beziehungsbildung bezogen bedeutet das, dass in Deutschland die öffentliche Sphäre sehr schmal ist, da die Schale schwer zu knacken ist. Hier werden nur wenige Auserwählte in den privaten Bereich zugelassen. Wenn man aber erst einmal drinnen ist, bleibt man auch drinnen und kann die süße Milch genießen.
Bei den Amerikanern verhält es sich genau andersherum: Der öffentliche Bereich ist sehr groß, man durchbricht die Schale sehr leicht und kommt zum süßen Fruchtfleisch. Nur der private Kern ist nicht so einfach zu knacken.
Schritt 2: Abschmecken
Wie schmecken unsere Kokosnüsse und Pfirsiche?
Auch wenn die Amerikaner Außenstehende schnell in ihre öffentliche Sphäre lassen, kann es lange dauern vollstes Vertrauen zu erlangen. „He’s my best friend but I forgot his name“ fasst diese Situation sehr gut zusammen. Dadurch wirken Amerikaner oft sehr freundlich, da sie bemüht sind, einen positiven Eindruck zu hinterlassen. Pfirsiche wollen andere nicht mit ihren Problemen oder ihrer schlechten Stimmung belasten. Auf die Frage „How are you?“ wird man grundsätzlich die Antwort „I’m fine!“ erhalten. Im Gegensatz dazu ist es unter Deutschen ganz normal auch mal die schlechte Stimmung offen zu zeigen oder mitzuteilen.
Schritt 3: Das Dressing
Erst durch das richtige Dressing werden die Geschmäcker der einzelnen Zutaten zur Geltung gebracht und treten in kulinarische Symbiose. Wie bringt man Kokosnüsse und Pfirsiche am besten zusammen?
Da wir keinen schlecht schmeckenden Salat voller Vorurteile kreieren möchten, sollten wir uns solcher Fettnäpfchen im Voraus bewusstwerden. Durch ihre durchweg positive Art können Amerikaner von Deutschen schnell als oberflächlich, aufgesetzt und künstlich angesehen werden. Auf der anderen Seite wirken Deutsche dagegen steif und abweisend.
Wer wissen möchte, wie man einen Salat mit gutem Dressing zur Perfektion bringt, beachtet bitte diese 3 Tipps:
- Gerade wenn Kokosnüsse global arbeiten, sollten sie mehr Energie in das Bilden von Beziehungen stecken. (Vgl. dazu den Artikel mit Tipps zum Beziehungsaufbau in arabischen Ländern.) Auf deutschen Partys sprechen meist nur diejenigen miteinander, die sich bereits kennen. In Amerika ist das anders: Pfirsiche sind offen und unterhalten sich in ungezwungener Atmosphäre schnell über private Themen. Networking ist hier besonders wichtig! Gegenseitige Anerkennung durch Lob, und eine freundliche Atmosphäre werden im Arbeitsalltag großgeschrieben.
- Probleme können auch schnell durch die verschiedenen Arbeitsweisen von Pfirsichen und Kokosnüssen auftreten. Pfirsiche arbeiten nach der sogenannten Cowboymentalität: Shoot, Aim, Shoot again. Die Deutschen hingegen treten sehr analytisch auf: Aim, Aim, Aim, Shoot. Bedenken Sie jedoch bitte die „Paralysis through analysis“: Zu viel Analyse kann lähmend wirken und das Projekt gerät ins Stocken! Seien Sie sich der unterschiedlichen Arbeitsstile bewusst und gehen sie aufeinander ein. Nur so können wir voneinander lernen und das Beste aus allem herausholen!
- Falls es dennoch zu Problemen kommen sollte, sollten Deutsche Amerikanern regelmäßig Feedback geben und viel kommunizieren. Beim Kritisieren gilt: „If you don’t have anything nice to say don’t say anything at all“. Um dem gerecht zu werden, kann die deutsche Kokosnuss die Kritik in Sandwichform verpacken: Zuerst kommt Lob, dann Kritik, anschließend wieder Lob! So fühlt sich niemand auf den Fuß getreten.
Schritt 4: Geschmäcker sind verschieden
Manchmal passiert es, dass man sich ganz genau an das Rezept hält und der Salat am Ende noch nicht schmeckt. Bedenken Sie, dass Geschmäcker verschieden sind. Genauso nehmen Menschen aus verschiedenen Kulturen andere unterschiedlich wahr: Während wir Deutschen die Amerikaner vielleicht als aufgeschlossen sehen, wirken dieselben Amerikaner für Mexikaner unemotional und seriös. Kulturelle Eigenschaften sind relativ und kommt immer auf den Standpunkt an!
Nicht nur zwischen Nationen werden kulturelle Unterschiede sichtbar, sondern auch zwischen verschiedenen Regionen. So sind die meisten Spanier zwar Pfirsiche, dennoch würden die Katalanen eher zu den Kokosnüssen und die Andalusier zu den Pfirsichen Spaniens gehören. In Deutschland sind die Bayer die klassischen Kokosnüsse, die Rheinländer (vor allem die Kölner) weisen dagegen im Deutschland-Vergleich eher die Eigenschaften der Pfirsiche auf (im weltweiten Vergleich zählen sie wiederum wieder eher zu den Kokosnüssen.) Wie Einstein schon sagte: „Alles ist relativ“.
Und, fühlen Sie sich momentan etwas überwältigt von den unzähligen Möglichkeiten interkultureller Kommunikation? Keine Angst, das ist ganz normal. Interkulturell kompetente Menschen wissen, dass sie jeden Tag dazulernen und niemand perfekt ist. Bei einem interkulturellen Training bekommen Sie die Werkzeuge an die Hand, die Ihnen ermöglichen, die unterschiedlichen Werte und Normen unseres globalen Obstsalats zu erkennen und dementsprechend zu reagieren.
Sie essen doch auch lieber einen Salat, der Ihnen schmeckt, oder?
Viel Spass beim Experimentieren beim Umgang mir fremden Kulturen
und guten Appetit auf Pfirsiche und Kokosnüsse
wünscht Ihnen das Intercultural Success Team.
Verfasst von Kim Möller, Intercultural Success Team.