Der niederländische Professor mit französischen Wurzeln Alfons Trompenaars wurde im Jahr 1952 geboren. Er ist der Schüler des weltweit berühmten Geert Hofstede, über welchen Sie in meinem vorherigen Artikel lesen konnten. Herr Trompenaars hat Manager aus 50 unterschiedlichen Ländern befragt und daraus zusammen mit Charles Hampden-Turner ein Kulturmodell mit sieben Dimensionen entwickelt.

Universalismus vs. Partikularismus
Die erste Herausforderung, die Ausländer in Deutschland haben ist das Befolgen der Regeln. Deutschland mit 93 Punkten ist ein sehr universalistisches Land. Weltweit sind Canada und USA mit 90 und 92 Punkten die am meisten universalistisch geprägten Länder, hingegen sind Thailand mit 11 und Argentinien mit 12 Punkten sehr stark partikularistisch geprägte Länder.
Kulturen, die sehr stark universalistisch geprägt sind, bringen oft ihre Konflikte vor Gericht. Menschen in diesen Ländern sind auch bereit mehr Geld für das Tierfutter auszugeben, das hat aber nichts mit der Anzahl der Tiere zu tun. So zum Beispiel hat das partikularistische Frankreich mehr Hunde als das universalistische Deutschland, bloß die französischen Hunde essen die Reste und die deutschen Hunde das gekaufte Futter.
Für die Geschäftsbeziehungen ist hilfreich weiter beschriebenen Postulaten zu merken.
Für die universalistische Kulturen gilt:
- Die Regeln stehen über Beziehungen
- Man muss die Verträge einhalten
- Nur nach dem Vertragsabschluss kann das Vertrauen aufgebaut werden.
- Die Wahrheit und Realität sind für alle gleich
- Geschäft ist Geschäft
Für partikularistische Kulturen gilt:
- Beziehungen stehen über Regeln
- Verträge können verändert werden
- Vertrauen bedeutet Veränderungen akzeptieren
- Die Sichtweisen der Realität können verschieden sein
- Die Beziehung wird weiterentwickelt

Individualismus vs. Kollektivismus
Diese kulturelle Unterschied bringt zum Ausdruck Ebene, was ist wichtiger: Autonomie und privat Sphäre oder Gruppen und Gemeinschaft.
Die modernen Gesellschaften sind eher individualistisch geprägt, die traditionelle Kulturen dagegen sind eher gruppenorientiert, so sind Russland mit 92 Punkten und USA mit 91 Punkten laut Herr Trompenaars sehr individualistisch und Nicaragua mit 7 Punkten sowie Tanzania mit 5 Punkten sehr Gemeinschaft orientiert.
Deutschland mit 78 Punkten hat eine Tendenz zum Individualismus. Bei den individualistischen Ländern stehen die eigenen Bedürfnisse vor den Bedürfnissen der Gruppe. Für Menschen in diesen Kulturen sind die Lebensqualität und Selbstentwicklung wichtig. Hingegen fokussieren sich die kollektivistischen Länder auf die Bedürfnisse und Lebensqualität der Gruppe, eigene Bedürfnisse können dabei vernachlässigt werden.
Für die Geschäftsbeziehungen auf der Ebene Individualismus/Kollektivismus empfehle ich folgende Aspekte zu beachten.
In den individualistischen Kulturen:
- Spricht man eher aus eigener Perspektive
- Die Entscheidungen werden sofort getroffen
- Die Mitarbeiter arbeiten selbstständig und sind für ihre Arbeit persönlich verantwortlich
- Urlaub verbringt man allein oder im engen Kreis
In den kollektivistischen Kulturen:
- Wird eher von „wir“ Perspektive gesprochen
- Die Entscheidungen brauchen die Rücksprache
- Die Mitarbeiter arbeiten eher in Gruppen und sind alle zusammen verantwortlich.
- Urlaub wird in Gruppen organisiert und verbracht

Neutralität vs. Emotionalität
Diese Herausforderung basiert auf dem Unterschied, wie wir unsere Gefühle zeigen.
In den nach Trompenaars „neutralen Kulturen“ zeigen die Menschen so gut wie gar keine Gefühle und bewahren sie immer unter Kontrolle, dazu gehören Norwegen mit 94 Punkten, Island mit 95 und China mit 90 Punkten.
Hingegen in affektiven Kulturen werden die Gefühle gern gezeigt, unter anderem durch nonverbale Kommunikation – Mimik und Gestik, die man in solchen Ländern wie Italien mit 12 Punkten, Bulgarien 9 Punkte und Russland 6 Punkte beobachten kann. Die besonderen Emotionen wie Freude und Schmerz werden dabei noch lauter ausgedruckt und oft gibt es nicht genügend Wörter dafür, da alle schon davor benutzt wurden.
Deutschland mit 88 Punkten ist ein sehr neutral geprägtes Land, was das Gefühle Zeigen angeht. Da in solchen Kulturen die Emotionen eher unterdruckt werden, erwarten die Menschen eher indirekte, schön verpackte Antworten ohne starke Gefühlausdrücke.
Im Geschäftsleben nimmt man oft die Partner aus den neutralen Ländern als kalt und herzlos war, der emotionelle Partner hingegen wird oft als unkontrolliert und unzuverlässig gesehen. Wenn die Partner aus verschiedenen Kulturen einander treffen, wäre es ratsam die Unterschiede zu erkennen, die Urteile zu unterlassen und sich bewusst sein, wie man auf den anders geprägten Gesprächspartner wirkt.
Es ist hilfreich beim interkulturellen Austausch die folgenden Unterschiede zwischen Neutralität und Emotionalität zu kennen.
Neutrale Kulturen
- Zeigen ungern ihre Gefühle und Gedanken
- Als gutes Verhalten gilt kaltes und selbstbeherrschendes Auftreten.
- Gestikulieren, Körperkontakt und starkes Mienenspiel werden nicht begrüßt.
- Feststellungen werden in monotonem Tonfall deklamiert
Affektive Kulturen
- Zeigen gern ihre Gefühle sowohl verbal als auch nonverbal (durch Gestik, Mimik)
- Als gutes Verhalten gilt temperamentvolles und ausdruckvolles Auftreten
- Gestikulieren, Körperkontakt und starkes Mienenspiel sind die Regel
- Feststellungen werden in dramatischer und fließender Rede deklamiert

Spezifität vs. Diffusität
Dieser kulturelle Unterschied hat zugrunde, wie stark wir die Arbeit vom Privatleben trennen.
In spezifisch orientierten Kulturen, zu welcher Deutschland mit 88 Punkten und Norwegen mit 96 Punkten gehören, werden die Arbeitsbeziehungen stark von Beziehungen anderer Natur getrennt. Wenn ein Manager und ein Untergeordneter sich im privaten Leben treffen, wird die private Begebung von der beruflichen Autorität nicht beeinflusst; jedes getrennte Gebiet, jedes Treffen wird als getrennter Fall gesehen. In solchen Kulturen werden nur wenige Menschen in die Privatsphäre zugelassen.
In den diffusen Kulturen hingegen gilt persönliche Autorität in allen Bereichen des Lebens und in die Privatsphäre wird eine breite Gruppe an Menschen zugelassen, das kann man in Tansania mit 5 Punkten, Marokko mit 7 Punkten und in Ecuador mit 6 Punkten beobachten.
Die Deutschen gestatten oft den Zugang zu ihrer Privatsphäre zumeist nur einem kleinen Kreis der Menschen (alle andere sind die „außenstehende“) und werden deswegen oft für verschlossen und schwer zu verstehen gehalten.
Das Gegenbeispiel gewährt Amerika, wo viele Sachen zur öffentlichen Sphäre gelten, die in Deutschland als Privatsphäre gesehen werden. So ist es in den USA normal in den Kühlschrank der Freunde reinzuschauen und was zu nehmen, oder das Auto jemandem (auch wenn sie wenig bekannt sind) kurz auszuleihen. Dadurch wird diese Kultur oft als oberflächliche bezeichnet.
Folgende Tipps könnten im Geschäftsleben in spezifischen und diffusen Ländern hilfreich sein.
Spezifische Länder
- Agieren direkt und sachlich, die Beziehungen sind absichtsvoll
- Prinzipien und Moralvorstellungen sind veränderbar und haben viel Wert
- Private und geschäftliche Angelegenheiten werden auseinandergehalten
- Die Instruktionen sind klar, präzise und detailliert, sind leicht zu folgen und können von Mitarbeitern kritisiert werden
Diffuse Länder
- Indirekte, umkreisende Form der Beziehung
- Moralisches Urteil unterscheidet sich je nach Situation
- Private und geschäftliche Angelegenheiten werden voneinander beeinflusst
- Die Instruktionen sind allgemein und vage und helfen Mitarbeitern ihre Selbständigkeit zu beweisen

Leistung- vs. Statusorientierung
Dieser Kulturunterschied betrachtet die Frage, ob die Statuspositionen erarbeitet werden müssen, oder kann man sie ohne Leistung bekommen, mit anderen Wörtern was zählt mehr: was man kann oder woher man kommt?
In leistungsorientierten Kulturen (zum Beispiel Deutschland mit 92 Punkten, die USA mit 91 Punkten, Island mit 95 Punkten, Norwegen 89 und Schweden 86 Punkten) wird ein Status mit dem persönlichen Engagement erarbeitet. Ein Titel im Berufsleben wird nur dann verwendet, wenn dahinter auch tatsächlich die notwendigen Kenntnisse stehen, der Vorgesetze wird nur dann respektiert, wenn er gute Leistung erbringt.
In den statusorientierten Ländern (zum Beispiel in Costa Rica und Saudi Arabien mit jeweils 5 Punkten ) wird der Status bei der Geburt erworben. In solchen Kulturen spielen Alter, Beruf, Erziehung, gesellschaftliche Verbindungen und sogar Geschlecht eine große Rolle unter anderem, weil im höheren Management in diesen Kulturen zumeist Männer im mittleren Alter sind.
Folgende Verhandlungstipps bei der interkulturellen Kommunikation sind zu beachten.
Leistungsorientierte Länder
- Status soll nur dann benutzt werden, wenn dahinter auch die Kenntnisse stehen
- Die Manager in höheren Positionen haben oft unterschiedliche Alter und Geschlechter und haben sich in ihren Leistungen bewiesen (sind in ihren spezifischen Aufgaben ausgezeichnet)
- Respekt vor einem Manager beruht auf seinen Kompetenzen
Statusorientierte Länder
- Titel wird benutzt, um den Status zu zeigen und hängt nicht von Kenntnissen ab
- Die Manager auf höheren Positionen sind zumeist männlich, im mittleren Alter
- Respekt vor einem Manager beruht auf seinem Status

Synchron vs. Konsekutive
Die verschiedenen Kulturen unterscheiden sich stark in ihrem Umgang mit der Zeit. Die deutsche Kultur mit dem Wert von 93 Punkten sowie die norwegische und schwedische Kulturen mit jeweils 91 und 94 Punkten sind sehr konsekutive Länder.
In konsekutiven Kulturen haben die Termine nur kleine zeitliche Abstände zwischen einander, deswegen werden auch kleine Verspätungen zu einem Problem, weil sie den ganzen Tagesplan durcheinander bringen können. Zeit wird als eine Ware angesehen, die durch Verspätungen geraubt wird. In diesen Kulturen gilt die Aussage „Zeit ist Geld“. Sogar beim Kochen wird auf die Zeit geachtet: es wird nur die notwendige Menge für eine Malzet für dafür vorgesehenen Personen gekocht.
In synchronen Kulturen, zu denen Kuba mit 12 Punkten und Ägypten mit 8 Punkten gehören, ist der zeitliche Druck wesentlich geringer, die Verspätungen sind nicht so kritisch, umgekehrt wird hier einem „Zeit gelassen“. Die Menschen in solchen Kulturen freuen sich oft auf unerwartete Treffen mit Freunden oder Bekannten und verlegen ihre geplanten Sachen auf einen späteren Zeitpunkt, es ist wichtiger die Zeit für Mutter, Freund oder Verlobte zu finden, als die Termine einzuhalten. Die Verabredungstermine in synchronen Kulturen dienen lediglich der Orientierung, beim Kochen orientiert man sich auch an unerwarteten Gästen und bereitet die Gerichte vor, die mehrere Tage nicht schlecht werden.
Beim interkulturellen Zeitmanagement sind folgende kulturelle Besonderheiten zu beachten.
Konsekutive Kulturen
- Erledigen nur eine Sache auf einmal
- Die Verabredungen sind einzuhalten, die Verspätungen sind nicht erwünscht
- Der Zeitplan steht über Beziehungen
Synchrone Kulturen
- Multitasking ist normal
- Die Termine dienen lediglich der Orientierung, die Verspätungen sind möglich
- Die Beziehungen sind wichtiger als Einhaltung der Termine

Interne vs. Externe Kontrolle
Im letzten kulturellen Unterschied von Trompenaars geht es darum, ob wir die Umwelt (im breiteren Sinne) kontrollieren oder sie uns.
In Deutschland wird laut Trompenaars weniger angestrebt die Natur zu kontrollieren (nur 39 Prozent der Befragten sind für die Kontrolle der Natur), generell haben die Deutschen mit 37 Punkten auch wenig Streben die Umwelt zu kontrollieren, ähnlich sind Rumänien mit 28 Punkten und die Ukraine mit 33 Punkten; Japaner mit 7 Punkten und Honduraner mit 8 Punkten streben am wenigsten danach eine Kontrolle über ihre Umwelt zu haben.
Die selbstbestimmten (interne Kontrolle) Kulturen (wie Brasilien mit 81 Punkten, Argentinien mit 89 Punkten und USA mit 94 Punkten) streben nach der Beherrschung der Natur; die Manager in solchen Ländern sind glücklich, wenn sie andere Leute auf ihre Art des Denkens gewinnen können, leitende Personen legen viel Wert darauf, was sie aus der Kritik oder eigenen Fehlern gelernt haben.
Im Geschäftsleben der außengeleiteten Kulturen (externe Kontrolle) kann das Feedback des Kunden die ganze Richtung der Organisation verändern, weil sie sehr kundenorientiert arbeiten und alle seine Bedürfnisse und Wünsche erfüllen wollen.
Um interkulturell mit Kompetenz zu handeln gibt es bei dem Unterschied interne vs externe Kontrolle folgendes zu beachten .
Selbstbestimmte Kulturen
- Wollen oft dominieren, können aggressiv gegen die Umwelt agieren
- Überzeugung bedeutet Streit und Standhaftigkeit
- Akzent liegt auf dem Unternehmen
- Sind unzufrieden, wenn die Umwelt unkontrollierbar ist
Außengeleitete Kulturen
- Sind flexibel, oft bereit für ein Kompromiss
- Sind harmonisch und sensibel
- Akzent liegt auf dem Kunden/Partner/Kollege
- Sind einverstanden mit Zyklen und Umbrüchen, solang sie auf natürliche Art und Weise erscheinen
Interkulturelle Kompetenz hilft internationale Geschäfte erfolgreich zu führen.
Das Kulturmodell von Fons Trompenaars hilft enorm die fremden Kulturen und deren Verhalten zu verstehen und darauf basierend eine Verhandlungsstrategie zu entwickeln, die eine problemlose Zusammenarbeit der internationalen Projekte gewehrleistet.
In unserem nächsten Artikel erzählen wir ihnen mehr über die nonverbale Kommunikation, zeigen die populären Gesten und verraten, welche davon unterschiedliche Bedeutung in verschiedenen Ländern haben. Bis dahin wünschen wir ihnen schönen Pfingsten und warten auf Ihre Kommentare auf unsere Facebook-Seite.
Verfasst von Iuliia Sotnikova
Bilderquelle: Website von Trompenaars und Hampden-Turner: https://www3.thtconsulting.com