Interkulturelle Kommunkation zwischen Polen und Deutschen: Woran scheitert es?
Obwohl es sich bei Polen um ein Nachbarland von Deutschland handelt, fällt es Deutschen oft schwer, eine Geschäftsbeziehung zu den Polen aufzubauen. Das liegt daran, dass in Polen der Geschäftsbeziehung eine andere Bedeutung zugrunde liegt als es in Deutschland üblich ist. Doch welche kulturellen Unterschiede gibt es zwischen der deutschen und der polnischen Geschäftskultur? Und inwiefern ist die polnische Bedeutung der Geschäftsbeziehung von der kommunistischen Vergangenheit Polens beeinflusst? Diese Fragen beantworte ich Dir in der heutigen ersten interkulturellen Podcastfolge aus der Serie “Fit für Polen”.
Viel Spaß und wertvolle Erkenntnisse beim Anhören
Den interkulturellen Podcast „Deutschland und andere Länder“ gibt es auch unter:
https://itunes.apple.com/us/podcast/id1366874160
https://open.spotify.com/show/1x1qkOIpBPOgW23GdzTCrS?si=6gp_-lqwQd6uVEA4HzGKcQ
Zusätzlich gibt es hier die Folge zum Nachlesen:
Deutschland und andere Länder mit Anna Lassonczyk“ – Der erste und einzige Podcast in Deutschland, Österreich und der Schweiz, der sich mit interkultureller Kommunikation beschäftigt, spannende Impulse über fremde Länder liefert, entfernte Kulturen näher bringt und erfolgreiche Menschen mit internationaler Erfahrung interviewt.
Herzlich willkommen! In dieser Folge starten wir eine neue Serie „Fit für Polen“ – mein Herkunftsland.
Ich bereite unter anderem Manager vor, die nach Polen entsendet werden, und bekomme dann oft die Frage gestellt „Wie schaffe ich es, Zugang zu den Menschen dort zu bekommen?“ Denn Polen ist zwar ein direktes Nachbarland, aber irgendwie kommen die Deutschen oft nicht an die Herzen von Polen ran. In der heutigen Folge geht es um soziale Beziehungen und ihr werdet gleich erfahren, dass es sehr wichtig ist, nicht nur im Privaten sondern auch im Geschäftsleben, an die Herzen von den Polen ranzukommen.
Doch warum ist das so? Dazu möchte ich ein wenig ausholen und auf die polnische Geschichte, insbesondere auf die Zeit des Kommunismus, eingehen. Durch den Kommunismus waren die Menschen gezwungen, einander zu helfen. Teilweise gab es in den Läden nur wenige Basis-Produkte wie Toilettenpapier und Essig zu kaufen und auch wenn Menschen Geld hatten, gab es nichts, was sie damit hätten kaufen können. Vorräte in den Läden wurden mithilfe von Gutscheinen auf bestimmte Menschen und anhand der Kopfzahl an Familien verteilt. Die Menschen haben somit oft nicht das bekommen, was sie wollten. Und was war die Lösung, wenn es zum Beispiel um große Feierlichkeiten wie eine Hochzeit oder die erste Kommunion ging? Dann war man auf andere angewiesen. Für eine Flasche Vodka für die Feier revanchierte man sich später beispielsweise wenn der Helfer eine Waschmaschine oder Hilfe beim Amt benötigte. Die Menschen haben gelernt, Netzwerke und Beziehungen aufzubauen und einander zu helfen.
Anhand des Wortes „Geschäftsbeziehung“ kann man sehr schön ausdrücken, welcher Wortteil davon in welchem Land wichtig ist. Wenn wir „Geschäftsbeziehung“ in Deutschland sagen, dann liegt die Betonung auf Geschäft. Eine Geschäftsbeziehung ist in Deutschland in erster Linie ein Geschäft. Dagegen ist in Polen eine Geschäftsbeziehung von allem eine Beziehung. Das heißt, die Person ist viel wichtiger als reine Daten, Fakten und Zahlen. Teilweise mache ich Geschäfte mit jemandem, weil ich die Person einfach mag und wenn ich ein paar Angebote zur Auswahl habe, dann wähle ich gerade das, hinter dem eine Person steht, mit der ich einfach gerne Kontakt habe und die mir sympathisch ist.
Wenn wir einen wichtigen Vertrag in Deutschland haben, dann kommen wir gleich zur Sache, besprechen das Notwendigste und unterschreiben an den passenden Stellen auf dem Papier. Nur wenn der Anlass wirklich sehr wichtig war, wie zum Beispiel bei einem Joint Venture von zwei Unternehmen, dann können wir eventuell darauf anstoßen. In Polen ist die Reihenfolge oft eine andere: zuerst würde ich mit jemandem essen oder etwas trinken gehen, oder mich mit der Person über alles Mögliche wie Hobbys, Familie, gemeinsame Freunde und Bekannte oder Geschäftspartner unterhalten, sodass ich die Person auch mögen lerne. Und erst wenn die Vertrauensbasis geschaffen ist, dann können wir zu Geschäftlichen kommen. Wir verlassen uns auf den Ruf der Person bei Bekannten oder innerhalb einer Branche und machen daran fest, ob diese Person vertrauenswürdig ist. Aufgrund dessen kann ich davon ausgehen, dass der Geschäftspartner sich an den Vertrag hält, denn ansonsten wäre der Ruf der Firma oder Person bei ebne jenen Bekannten und in der Branche geschädigt. Deswegen sind Geschäftsbeziehungen in Polen sehr viel wichtiger, als das in Deutschland der Fall ist.
Und wie sieht das in der Praxis aus?
Es ist einer der häufigsten Fehler, die Deutsche in Polen machen, wenn die den Rückflug direkt nach einem Meeting buchen. Sie berechnen im Vorfeld genau die benötigte Zeit, doch meistens dauern Besprechungen in Polen länger, als es in Deutschland der Fall wäre. Dabei werden Meeting durchaus pünktlich begonnen, allerdings dauert die Kennenlernphase deutlich länger. Und es kann sein, dass die polnische Seite nach dem Meeting eine kleine Überraschung vorbereitet hat, wie zum Beispiel eine Sight-Seeing-Tour oder ein gemeinsamer Besuch in einem Restaurant. In der Regel wird davon ausgegangen sind, dass der deutsche Geschäftspartner über Nacht bleibt und als guter Gastgeber wollen die Polen den Deutschen dann begleiten und ihn beispielsweise zu einem kleinen Event mitnehmen. Hat die deutsche Seite den Rückflug ohne ausreichend Zeitpuffer sofort nach dem Meeting gebucht, dann kann es sein, dass der Deal gerade nicht fertig geworden ist. Und in nahezu allen Fällen heißt dies auch, dann wir gerade nur ein bisschen mehr Zeit gebraucht hätten, um ein viel besseres und umfangreicheres Angebot durchzusetzen. Teilweise dauert es länger, bis wir das Eis brechen, aber wenn dies passiert ist und die Vertrauensbasis der Beziehung aufgebaut ist, dann können wir größere, umfangreichere und langfristigere Geschäfte machen, als dass in Deutschland der Fall ist.
Wir können dies als als eine Investition in die Geschäftsbeziehung betrachten. Denn in Polen macht es einen Unterschied, ob man zu der Gruppe gehört, oder nicht. Überspitzt formuliert heißt dies, dass ein Fremder gleich einem Feind ist. Zuerst einmal wird eine unbekannte Person verdächtigt. Um zu der In-Group zu gehören, brauchen wir einfach Zeit, um sich zu öffnen und über private Angelegenheiten wie Familien oder Ehepartner zu sprechen. Oft sind diese Themen etwas, über das wir uns in Deutschland teilweise nicht unterhalten würden, weil wir dies als Zeitverlust empfinden und grundsätzlich Privates vom Geschäftsplatz fernhalten möchten. In Polen aber nicht. Und wenn wir erst zu dieser In-Group gehören, dann machen die Menschen viel mehr füreinander, als das in Deutschland der Fall wäre. Wenn ich also mit einer Person befreundet bin ist dies höchstwahrscheinlich eine engere Freundschaft als wir das in Deutschland gewohnt sind und als es uns auch in Deutschland lieb ist. Ein Beispiel aus dem Bereich der Familie: ältere Menschen verbringen in Deutschland ihre letzten Jahre oft in einem Altersheim. In Polen gehört sich so etwas nicht und wird als Tabu betrachtet. In einer Familie kümmern kümmern wir uns umeinander und das gleiche betrifft auch Freude. Dies wirkt sich natürlich auch auf das Geschäftsleben aus. Deswegen: eine persönliche Beziehung aufzubauen ist das A und O eines Geschäftserfolges.
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Anna Lassonczyk
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